„Immerzu. Immerzu.“ Das Leben ist ein Karussell, das sich ständig dreht. Hier kommt jemand entgegen, da ziehen Worte vorbei, Lichter, Stimmen. An Woyzeck dreht es sich nur vorbei, das Leben. „Wenn wir in den Himmel kämen, müssten wir Donnern helfen“, sagt er. Hier auf Erden aber muss Woyzeck zunächst dem Doktor helfen, bei dessen medizinischen Experimenten. Jeden Morgen muss er zum Hauptmann und ihm zu Hilfe sein. Er muss in die Kaserne. Und dann gibt es noch Marie, die er liebt und mit der er ein Kind hat. Auch dort sollte er helfen. Mehr, als er es tut. Aber egal, was er tut — es genügt nie. Den anderen nicht, und ihm auch nicht.
Immerzu aber gibt es auch die Stimmen in Woyzecks Kopf, die ihm noch ganz andere Dinge einsagen, die er tun soll. Das Karussell dreht sich immer schneller und schneller unter einem großen Mond, der rot ist „wie ein blutig Eisen“. Ruhe gibt es kaum für Woyzeck. Aber wenn er zur Ruhe kommt, sind da immer noch diese Stimmen, dann flüstert sogar die Erde auf den Feldern. Diese Stimmen erzählen ihm auch vom Tambourmajor, der es auf Marie abgesehen habe.
Woyzeck versucht zu fliehen. Den Hauptmann, den Doktor und diese Stimmen. Aber sie holen ihn ein. Und Marie wird eingeholt von Woyzecks Eifersucht. „Der Mensch ist ein Abgrund.“
1821 erstach Johann Christian Woyzeck seine Geliebte, die Witwe Woost, in der Leipziger Vorstadt. Er war bereits in Leipzig in die Lehre gegangen, und nach Jahren als Soldat, die er im Hin und Her der Napoleonischen Befreiungskriege in Armeen verschiedenster Staaten verbracht hatte, war er wieder in die Stadt zurückgekommen.
Georg Büchner wurde, neben vielen anderen, durch Berichte auf den Leipziger Fall aufmerksam, der drei Jahre verhandelt und breit besprochen wurde. Denn mit diesem Fall verbanden sich wie unter einem Brennglas Fragen, die damals erst seit kurzem, dafür aber intensiv diskutiert wurden: Fragen nach Schuldfähigkeit und Wahnsinn ebenso wie soziale Fragen nach Lebensbedingungen und Lebenschancen.
Die psychiatrischen Gerichtsgutachten, die zum Fall Woyzeck entstanden, bilden eine der Quellen zu Büchners Drama, das sich andererseits eine große literarische Freiheit nimmt. Schlaglichtartig reiht Büchners „Woyzeck“ in expressiver Zuspitzung Stationen einer Eskalation auf — und nimmt gesellschaftliche Hierarchien und Abgründe in einen grellen Fokus. Büchners Drama ist Fragment geblieben — aber gerade in seiner Fragment-Struktur entspricht es vielleicht besonders den Aspekten und Umständen dieser Geschichte.
Für diese Inszenierung gestaltete der Leipziger Musiker und Jazzpianist
Philip Frischkorn erneut eine Schauspielmusik und begleitet den Abend auch live am Klavier, unterstützt von Angela Requena Fuentes am Schlagzeug.
In Kooperation mit dem Schauspiel Leipzig folgt ein Rundgang des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig den Spuren und Stationen des historischen Woyzeck in der Stadt.