12. Festival Politik im Freien Theater
Themenschwerpunkte:
Ich. Du. Wir. – Identitäten
Sprache. Räume. Gerechtigkeit. – Zugänge und Barrieren
Eine Bombe explodiert. Dann explodieren die Schlagzeilen. „Baby starb im Mutterleib.“ – „Wer zündete die Bombe?“ – „Attentäter aus der rechten Szene?“
Auf mehreren Bildschirmen im Raum ist der Tatort zu sehen, so wie er sich uns Vorbeihastenden heute zeigt: urban, funktional, überwuchert. Anders als die rassistischen Anschläge in Hoyerswerda, Rostock, Mölln, Solingen, Kassel, Halle und Hanau ist das Attentat in Düsseldorf nicht im kollektiven Gedächtnis geblieben. Am 27. Juli 2000 tötete am S-Bahnhof Wehrhahn eine Bombe ein ungeborenes Baby und verletzte zehn sogenannte Kontingentflüchtlinge, viele von ihnen Juden und Jüdinnen, teilweise schwer. Das Theaterkollektiv Pièrre.Vers verwickelt in „Dunkeldorf – Ein Stadtspiel“ das Publikum in eine hochkomplexe Rekonstruktion der Ereignisse. Vertreter:innen von Polizei, Presse, Antifa sowie Betroffene legen in emotionalen Testimonials Rechenschaft über ihr Tun oder Nichtstun ab. Düsseldorf wird dabei zum Exempel für ähnliche Fälle, die nie aufgeklärt wurden. War die Polizei auf dem rechten Auge blind? Hat die Presse die Aufklärungsarbeit behindert? Machte es sich die Antifa mit ihrer Fixierung auf die rechte Szene zu leicht? In diesem „Stadtspiel“ stehen alle Akteur:innen im Kreuzfeuer der Ermittlungen. So auch die Zuschauer:innen, die sich fragen müssen, welchen Anteil sie am allgemeinen Gedächtnisverlust haben.
Das Theaterkollektiv Pièrre.Vers ist ein Zusammenschluss von Theatermacher:innen unter der künstlerischen Leitung des Regisseurs Christof Seeger-Zurmühlen und der Schauspielerin Julia Dillmann mit Sitz in Düsseldorf. Seit 2012 entwickeln sie performativ-immersive Formate und untersuchen gesellschaftlich relevante Themen am Beispiel des Mikrokosmos Stadt.
Quelle: Schauspiel Leipzig