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Es wird stürmisch: „Le vent se lève“ ist im Französischen ein metaphorischer Ausdruck, der auf mehr als ein Naturphänomen verweist. Da steht durchaus politischer oder sozialer Proteststurm im Raum. Genauso vielschichtig wie der Titel verläuft in Manuel Roques Husarenstück der Körperlichkeit die Suche nach Balance im Auf und Ab zwischen Wucht und Weisheit. Wie entfaltet sich eine Dynamik, wie überwinden wir die Reglosigkeit und entfachen die Fliehkraft? Ein Mann wirbelt im Wind, bis zur Erschöpfung, von einem Tornado (an)getrieben. Oder tobt das Unwetter allein in seinem Inneren? Roques Solo spielt mit der Dynamik des Abgrunds, und ist dennoch ein zutiefst optimistisches Werk. Denn wenn alles stillzustehen scheint, ist der nächste Aufbruch bereits absehbar und auf Momente der Ruhe antwortet jedes Mal Roques Virtuosität. Der franko-kanadische Tänzer und Akrobat des berühmten Cirque Eloize weiß wie kein zweiter an der Grenze zum Gleichgewicht zu brillieren. In all seiner Kraft, die den imaginären Wind erst zu Leben erweckt, schwebt er über dem Scheidepunkt zwischen Absturz und Abflug. In unendlicher Poesie stellt er die Mutter aller Fragen: Sich aufgeben oder aufbegehren? Und wie steht es überhaupt mit unserem Verhältnis zur Natur? Roque verschmilzt mit deren Wundern und akzeptiert seine Wunden, als Liebeserklärung an das vermeintliche Chaos des Unbeherrschbaren. Im vollen Bewusstsein unseres Kulturbegriffs teilt er mit uns und teilt uns mit: Unsere Stärke und unsere liebenswerte Zerbrechlichkeit.Quelle: Schauspiel Leipzig