Wie so oft stellt sich Ophelia die stille Frage: „Weinen oder nicht weinen?“ Damit sich alle gut fühlen, entscheidet sie sich meist für Letzteres. Geweint wird dann ganz alleine unter der Dusche. Doch dann beginnt sie ihre Tränen zu sammeln und aufzukochen. Nebst süßen Mäusen und personifizierten Zweifeln sind natürlich auch Sad-Girl-Pop-Ikonen wie Billie Eilish und Lana Del Rey geladen zu einem Abend über Urgewalt, Verwandlung und Zärtlichkeit, über Oberflächlichkeit und Abgrundtiefe. Und alles ist wahnsinnig traurig.
In der Regel wird Ophelia als die liebliche Frau an der Seite des großen Titelhelden gedacht. Oder als die schöne, leblose Silhouette, die der Fluss umspült. In der Kunstwelt tummelt sich diese morbid-sinnliche Ikonographie zu Hauf. Allen diesen Ophelias gemein ist — sie sind (meistens) still. In Paula Wintelers Soloabend gehört die Bühne Ophelia selbst. Mit und entgegen allen lieblich zarten Bildern von ihr. Ihre Perspektive bildet das Zentrum. Und muss vielleicht auch erst gefunden werden. Eine Inszenierung, in der die Figur der Spielerin begegnet und beide einen Austausch wagen über Deutungshoheiten, Heißgetränke und den eigenen Anspruch.
Zusatzhinweise auf sensible Inhalte zu „Ophelias Tränen“ finden Sie
hier.
Quelle: Schauspiel Leipzig